Offener Brief zur aktuellen Situation

Liebe Altenburgerinnen und Altenburger,

 

die letzten Tage und Wochen waren gekennzeichnet durch Stadtratsentscheidungen, die Auswirkungen auf uns alle haben. Für eine Region mit geringer Kaufkraft ist die Entscheidung einer Gebührenerhöhung Gift für den privaten Konsum. Da Wasser ebenso wie Energie einen Zinseszinseffekt auf die Kosten hat, ergibt sich für uns alle, Bürger und lokale Wirtschaft, die konkrete Gefahr in eine Zange zwischen schwindender Kaufkraft und steigenden Kosten zu geraten.

Sowohl das Ergebnis der Abstimmung als auch das individuelle Abstimmungsverhalten sind bekannt und bedürfen an dieser Stelle keiner weiteren Diskussion.

Bei einer nüchternen Betrachtung der Diskussionen um die WABA-Gebühren sollten die „hausinternen“ Entscheidungen der letzten 20 Jahre im Vordergrund stehen. Die 2021 getroffene, politisch motivierte Entscheidung bezüglich der WABA-Gebühren mag im damaligen Licht opportun gewesen zu sein. Allerdings hätten die getroffenen Entscheidungen Maßnahmen bedurft, die aktiv gegen die bereits sichtbar werdenden Konsequenzen gewirkt und die Auswirkungen vermieden respektive abgemildert hätten. Da dies sicht- und für uns sehr bald spürbar nicht erfolgt ist, kann und muss man in aller Deutlichkeit von einem Versagen auf Ansage sprechen.

Viele Freunde, Bekannte und politische Wegbegleiter haben mich in den letzten Tagen gefragt, warum ich mich nicht intensiver in die Diskussionen auf diversen Social Media-Plattformen eingebracht habe. Dies hat mehrere Gründe:

  • Die vielfach zitierte Verrohung der Debattenkultur: Hier gehört es zur Objektivität sich einzugestehen, dass sich alle Seiten an die guten Sitten halten sollten. So wie es für einen Stadtrat weiterhin möglich sein muss ohne Beschimpfungen über den Marktplatz laufen zu können, müssen Stadtratsmitglieder akzeptieren, dass Bürger ihre knapper werdenden Geldmittel anderweitig verwenden, respektive ihre Wahl bei der nächsten Wahl treffen.

  • Zu einer beidseitig mit Respekt geführten Debattenkultur gehört auch, dass nach einer zweiseitigen Darstellung von Maßnahmen auf Social Media-Plattformen auf einer dritten Seite aufgeführt wird, dass die Liste der aufgeführten Maßnahmen nicht durch eine solide Haushaltspolitik sondern durch die Einnahmen aus den Erhöhungen der WABA, des Gewerbesteuerhebesatzes und der gewählten Art der Erhöhung von Grundsteuer A und Grundsteuer B basiert. Auch bei Fördermitteln muss beachtet werden, dass die Gelder nicht aus dem Geldautomaten sondern aus den Abgaben und Steuern von uns allen kommen.

  • Zu einer beidseitig mit Respekt geführten Debattenkultur gehört nicht, dass man um das Verständnis bittet, doch 1-2 flapsige Antworten auf Social Media zu entschuldigen. Wer so agiert, braucht sich nicht zu wundern, dass Aussagen über Erfrischungsgetränke und ihre Preisgestaltung von den Bürger frei nach Marie Antoinette: „….wenn ihnen Wasser zu teuer ist, dann sollen sie doch Cola trinken“ missverstanden werden können. Mein Verständnis einer Leitungsfunktion besteht nicht darin um Verzeihung für nicht durchdachte Postings zu bitten.

  • Ich habe sehr hohen Respekt vor allen Bürgern, die sich zusätzlich zu ihrem Arbeitstag freiwillig die Zusatzbelastung eines Stadtrates aufbürden, aber zu einer beidseitig mit Respekt geführten Debattenkultur gehört, dass man Politik nicht als eines von zwei Hobbies bezeichnet. Mein Verständnis eines Hobbies beinhaltet die Erkenntnis, dass man im schlimmsten Fall nur selbst finanziell betroffen ist und nicht bis zu 31.000 Bürger.

Für mich bleiben die Entscheidungen hinsichtlich der getroffenen Steigerungen von Abgaben, Gebühren und Steuern weiterhin schwer nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere, da die Konsequenzen seit 2021 für die Verantwortlichen klar absehbar waren. Zur Demokratie gehört aber auch, dass solche Mehrheitsentscheidungen sehr schweren Herzens akzeptiert werden müssen. Was nicht noch einmal passieren darf und vollkommen inakzeptabel wäre: ein Stillstand wie nach 2021! Die derzeitigen Gebühren basieren auf Annahmen, die die Konsequenzen der getroffenen Entscheidung meines Erachtens nach nur unzureichend berücksichtigen. Die Pläne und Maßnahmen der Vision2030 zwängen Altenburg in den nächsten Jahren in ein sehr enges Korsett aus Finanzplanung und Zeitabläufen. Ein Plan B? Nicht ersichtlich!

Daher muss der Stadtrat konsequent an Gegenmaßnahmen arbeiten, da ansonsten die nächsten Gebührenanhebungen bereits feststehen.

Erst seit rund sechs Monaten im Stadtrat vertreten wäre es einfach auf die Entscheidungen in der Vergangenheit zu verweisen und sich nicht verantwortlich zu fühlen. Das ist aber nicht der Anspruch, den ich für mich persönlich als Mitglied des Stadtrates habe.

Daher habe ich für mich entschlossen, die Aufwandsentschädigung für die Arbeit eines Stadtrates jeweils zum Jahresende an einen Altenburger Verein oder Einrichtung zu spenden. Für das Jahr 2024 habe ich bereits eine Entscheidung getroffen. Für die kommenden Jahre würde ich mich freuen, wenn Sie Ideen und Vorschläge hätten. Eines werden Sie aber nicht erwarten dürfen: einen Social Media-Post der Übergabe von mir – mir geht es um das Zeichen und nicht die Aufmerksamkeit.

Angesichts der aktuellen Lage fällt es schwer eine besinnliche Adventszeit zu wünschen. Bitte gestatten Sie mir es trotzdem zu versuchen.

 

Ihr Erik Busse